Gefälschte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen

von Markus Matt

Was Unternehmen wissen müssen

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU-Bescheinigungen) gelten als zentrales Instrument zur Bestätigung von Krankheitstagen. Doch zunehmend tauchen gefälschte Krankschreibungen auf, die online erworben werden können. Diese Entwicklung stellt Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen und kann gravierende rechtliche Konsequenzen für Arbeitnehmer haben.

Warnungen der Ärztekammern

Gefälschte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen

In den letzten Jahren haben verschiedene Ärztekammern in Deutschland vor gefälschten AU-Bescheinigungen gewarnt. Dabei handelt es sich oft um Dokumente, die von nichtexistierenden oder nicht zugelassenen Ärzten ausgestellt werden. So hat die Ärztekammer Schleswig-Holstein explizit auf die Namen Masroor Umar und Samueel Zubair hingewiesen, die in AU-Bescheinigungen mit Praxisadressen in Dortmund und Leipzig auftauchten, obwohl sie keine Kammermitglieder sind.

Auch die Ärztekammer Nordrhein meldete vergleichbare Fälle und nannte unter anderem Dr. med. Haresh Kumar, Ahmad Abdullah und Masroor Umar als angebliche Aussteller von AU-Bescheinigungen, obwohl an den angegebenen Adressen keine Praxen existieren. In vielen dieser Fälle wird vermutet, dass die Krankschreibungen ohne echten Arzt-Patienten-Kontakt erworben wurden.

Rechtliche Konsequenzen für Arbeitnehmer

Arbeitnehmer, die gefälschte oder unrechtmäßig erworbene AU-Bescheinigungen nutzen, setzen sich erheblichen Risiken aus. Arbeitgeber können nicht nur die Entgeltfortzahlung verweigern, sondern auch arbeitsrechtliche Maßnahmen ergreifen.

Das Arbeitsgericht Lübeck entschied beispielsweise, dass die Vorlage einer vorgefertigten Impfunfähigkeitsbescheinigung ohne Untersuchung eine erhebliche Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten darstellt, die eine fristlose Kündigung rechtfertigt.

Das Landesarbeitsgericht Hessen (Az.: 16 Sa 380/20) urteilte, dass eine Arbeitnehmerin, die gefälschte Atteste für ihr erkranktes Kind vorlegte, wegen schwerwiegender Pflichtverletzung gekündigt werden durfte.

Das Arbeitsgericht Berlin (Az.: 42 Ca 16289/20) stellte klar, dass AU-Bescheinigungen ohne persönlichen oder telefonischen Kontakt zu einem Arzt keinen ausreichenden Nachweis für eine Arbeitsunfähigkeit darstellen und Arbeitgeber daher die Entgeltfortzahlung verweigern dürfen.

Das Bundesarbeitsgericht (Az.: 2 AZR 123/02) entschied zudem, dass der Beweiswert einer AU-Bescheinigung erschüttert sein kann, wenn sie exakt die Dauer der Kündigungsfrist abdeckt. In solchen Fällen muss der Arbeitnehmer konkret nachweisen, dass eine tatsächliche Arbeitsunfähigkeit bestand.

Empfehlungen für Arbeitgeber

Um Unternehmen vor den negativen Folgen gefälschter AU-Bescheinigungen zu schützen, sollten Arbeitgeber folgende Maßnahmen ergreifen:

  • Sorgfältige Prüfung
    Arbeitgeber sollten AU-Bescheinigungen genau auf Unstimmigkeiten prüfen, etwa fehlende Kontaktdaten, ungewöhnliche Praxisadressen oder unklare Arztstempel.
  • Sensibilisierung der Mitarbeiter
    Aufklärung der Belegschaft über die Risiken und rechtlichen Konsequenzen der Nutzung gefälschter Krankschreibungen
  • Klare Richtlinien
    Unternehmensrichtlinien sollten festlegen, wie mit Verdachtsfällen umgegangen wird und welche Konsequenzen drohen.
  • Rechtliche Beratung
    Bei Verdacht auf gefälschte AU-Bescheinigungen ist eine juristische Prüfung ratsam, um rechtssichere Entscheidungen zu treffen.

Fazit

Die steigende Zahl gefälschter Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erfordert ein wachsames Vorgehen von Unternehmen. Eine Kombination aus Prävention, klaren Unternehmensrichtlinien und sorgfältiger Prüfung kann dazu beitragen, Missbrauch zu verhindern und Unternehmen vor rechtlichen sowie finanziellen Risiken zu schützen.

Das Wichtigste in Kürze

Gefälschte AU-Bescheinigungen stellen ein zunehmendes Problem dar. Unternehmen sollten auf eine sorgfältige Prüfung, klare interne Richtlinien und Sensibilisierung der Belegschaft setzen, um sich rechtlich abzusichern.

 

Neues Meldeverfahren ab Juli 2025

Was Arbeitgeber jetzt zur Kindererfassung in der Pflegeversicherung wissen müssen

Wer Kinder hat, zahlt seit Juli 2023 unter bestimmten Voraussetzungen geringere Beiträge in die Pflegeversicherung. Doch ab Juli 2025 greifen neue gesetzliche Vorgaben, die eine elektronische Übermittlung der relevanten Kinderdaten vorsehen. Für Arbeitgeber bedeutet das: Sie erhalten die Informationen künftig direkt über ein neues Verfahren – müssen aber im Vorfeld mitwirken und ihre Beschäftigten informieren.

Ein kurzer Rückblick

Meldeverfahren Kindererfassung in der Pflegeversicherung ab Juli 2025

Seit 2023 kann ein Abschlag beim Beitrag zur Pflegeversicherung berücksichtigt werden, wenn der Arbeitnehmer Kinder hat. Die Anzahl der Kinder wirkt sich direkt auf die Höhe des Beitrags aus. Bislang war es jedoch Aufgabe des Arbeitgebers, die Kinderdaten manuell zu erfassen und zu pflegen – eine aufwendige und fehleranfällige Praxis. Damit ist bald Schluss.

Was ändert sich ab Juli 2025?

Mit dem Inkrafttreten des Wachstumschancengesetzes am 27. März 2024 wird der neue Datenübermittlungsweg gesetzlich verankert. Zentrales Element ist der neue elektronische „Datenaustausch zur Beitragsdifferenzierung in der sozialen Pflegeversicherung (DaBPV).
Ab dem Abrechnungsmonat Juli 2025 wird dieses Verfahren aktiv: Arbeitgeber erhalten dann automatisch über DaBPV die Information, wie viele steuerlich erfasste Kinder unter 25 Jahren einem Beschäftigten zugeordnet sind.

Was bedeutet das konkret für die Lohnabrechnung?

Die beitragsrelevante Kinderanzahl wird über das neue Verfahren direkt an die Payroll-Software übermittelt. Der Vorteil: Arbeitgeber müssen diese Daten künftig nicht mehr selbst manuell erheben – zumindest nicht vollständig.

Aber: DaBPV kennt nur steuerlich erfasste Kinder. Kinder, die zwar im Haushalt leben, aber beim Mitarbeiter steuerlich nicht berücksichtigt werden (z. B. Pflegekinder, Stiefkinder ohne Eintragung beim Finanzamt), erscheinen in diesem elektronischen Datensatz nicht. Deshalb gibt es eine neue Eingabemöglichkeit in der Lohnabrechnung: Über ein zusätzliches Feld ("Berücksichtigung") können solche Kinder vom Arbeitgeber separat erfasst und in die Berechnung aufgenommen werden – wenn der Arbeitnehmer sie vorher gemeldet hat.

Und was müssen Arbeitgeber jetzt tun?

Bis zum Start des neuen Verfahrens im Juli 2025 bleibt noch etwas Zeit. Dennoch sollten Sie als Arbeitgeber schon heute aktiv werden:

  • Sensibilisieren Sie Ihre Beschäftigten frühzeitig
    Nur wer seine Kinder beim Finanzamt steuerlich erfassen lässt, kann von einer vollständigen Übermittlung profitieren.
  • Erfassen Sie bereits jetzt korrekt
    Wenn Sie Kinder bislang nur informell oder gar nicht berücksichtigt haben, sollten Sie die Angaben mit Ihren Beschäftigten abstimmen.
  • Sichern Sie sich ab
    Fordern Sie von Ihren Beschäftigten bei Bedarf Nachweise über die steuerliche Erfassung ihrer Kinder an. Nur so können Sie bei Betriebsprüfungen darlegen, warum eine bestimmte Kinderzahl in der Pflegeversicherung berücksichtigt wurde.

Was müssen die Mitarbeiter wissen?

Auch Beschäftigte sollten rechtzeitig darüber informiert werden, dass der Beitrag zur Pflegeversicherung künftig nur dann korrekt berechnet werden kann, wenn ihre Kinder beim Finanzamt erfasst sind. Denn: Auskünfte über die steuerliche Erfassung von Kindern erhalten Arbeitgeber ausschließlich vom Arbeitnehmer selbst. Ein kurzer Hinweis im Intranet, auf der Gehaltsabrechnung oder im nächsten Mitarbeitergespräch kann hier bereits viel bewirken.

Was muss Ihr Lohndienstleister wissen?

Wenn Sie Ihre Lohnabrechnung an einen externen Dienstleister wie Lohnexperte AG ausgelagert haben, bleibt Ihre Verantwortung dennoch bestehen: Die korrekten Kinderdaten müssen rechtzeitig und vollständig vorliegen, damit wir diese im System hinterlegen oder später abgleichen können. Besonders wichtig ist dabei die Kennzeichnung nicht-steuerlich erfasster Kinder im neuen Eingabefeld.

Bitte stellen Sie sicher, dass Ihre Mitarbeiter alle relevanten Informationen rechtzeitig liefern – idealerweise mit einem Nachweis über die steuerliche Erfassung. Nur so können wir auch ab Juli 2025 eine fehlerfreie und prüfungssichere Abrechnung gewährleisten.

Das Wichtigste in Kürze

Ab Juli 2025 erhalten Arbeitgeber die kinderbezogenen Daten für die Pflegeversicherung automatisch über ein neues elektronisches Verfahren. Doch dieses kennt nur steuerlich erfasste Kinder – daher sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer gefragt, rechtzeitig für vollständige und korrekte Angaben zu sorgen.

 

Letzte Aktualisierung: von Markus Matt

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