Nachdem wir uns einen Überblick verschafft haben, möchten wir Ihnen nun zeigen, in welchen Konstellationen Minijobs in der Praxis häufig auftreten und wie diese Konstellationen zu beurteilen sind.
In der Praxis gibt es verschiedene Dinge zu beachten, wenn Minijobs neben weiteren Beschäftigungsverhältnissen bestehen.
Am einfachsten ist die Beurteilung, wenn ein Minijob neben einer versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung besteht oder wenn gar nur der Minijob allein, als einzige Beschäftigung, ausgeübt wird. Ist dies der Fall, gibt es im Grundsatz keine weiteren Besonderheiten als die bisher genannten.
Arbeitnehmer A übt eine sozialversicherungspflichtige Hauptbeschäftigung aus, in der er 2000,00 EUR brutto verdient (Personengruppe 101, Beitragsgruppe 1111). Nebenbei geht er am Wochenende einer Aushilfstätigkeit (Minijob) nach, bei der er 450,00 EUR verdient (Personengruppe 109, Beitragsgruppe 6500 oder 6100).
Da er seine Steuerklasse schon für die Hauptbeschäftigung nutzt, soll der Minijob mit 2 % pauschal besteuert werden.
Hier ist nichts weiter zu beachten. Beide Beschäftigungsverhältnisse können unbeschadet nebeneinander bestehen. Es muss nichts zusammengerechnet werden. Es gelten für beide Beschäftigungen für sich die Regeln, die Sie bisher in diesem Onlinekurs kennengelernt haben.
Genauso ist es bei Arbeitnehmer B. Er ist ausschließlich als geringfügig Beschäftigter in einer Reinigungsfirma angestellt. Dort verdient er 450,00 EUR pro Monat.
Auch hier ist nichts weiter zu beachten. Es gelten die normalen Regelungen des Minijobs (Personengruppe 109 und Beitragsgruppe 6500 oder 6100).
Da er keine weitere Beschäftigung ausübt, kann der Minijob mit 2 % pauschal oder auch mit der individuellen Steuerklasse des Arbeitnehmers besteuert werden.
Besonderheiten treten oftmals dann auf, wenn mehrere geringfügige Beschäftigungen gleichzeitig bestehen. Auch hier gibt es verschieden Konstellationen.
Arbeitnehmer C nimmt Anfang 2014 eine geringfügige Beschäftigung auf, bei der er 200,00 EUR im Monat verdient (Personengruppe 109, Beitragsgruppe 6500). Einen Monat später nimmt er eine weitere geringfügige Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber auf. Dort verdient er 250,00 EUR im Monat (Personengruppe 109, Beitragsgruppe 6500).
Da es sich hier nun um zwei Minijobs gleichzeitig handelt, müssen die Entgelte der beiden Beschäftigungen addiert werden. Dadurch erhalten wir einen Gesamtverdienst von 450,00 EUR pro Monat. Dieser Wert liegt innerhalb der Minijob-Grenze.
Somit können beide Beschäftigungsverhältnisse nach den normalen Regelungen für geringfügige Beschäftigungen abgerechnet werden.
Zu beachten ist hier, dass entweder beide Tätigkeiten mit 2 % pauschal versteuert werden können oder in einer Tätigkeit die individuelle Steuerklasse gilt, während nur die andere mit 2 % pauschal versteuert wird.
Die individuelle Steuerklasse des Arbeitnehmers darf keinesfalls für beide Beschäftigungen gelten, da die Zusammenrechnung nur im sozialversicherungsrechtlichen Sinne stattfindet, nicht aber im steuerlichen. Die individuelle Steuerklasse kann immer nur für eine Tätigkeit gelten.
Theoretisch wäre es auch möglich, dass keine der beiden Minijobs mit der Pauschalsteuer abgerechnet wird. Dies wäre erlaubt, wenn eine der Beschäftigungen über die individuelle Steuerklasse und die andere Beschäftigung über die Steuerklasse 6 läuft.
Die Steuerklasse 6 ist im Allgemeinen mit einem relativ hohen Lohnsteueraufwand verbunden. Sie kann angewendet werden, wenn die individuelle Steuerklasse schon für ein anderes Beschäftigungsverhältnis genutzt wird und bei einem anderen bestehenden Beschäftigungsverhältnis ebenfalls über eine Steuerklasse und nicht über eine Pauschalsteuer abgerechnet werden soll oder kann. Fragen Sie bitte auch hier, für Einzelauskünfte, Ihren Steuerberater.
Nehmen wir nun an, derselbe Arbeitnehmer bekäme in seiner ersten Aushilfsbeschäftigung 450,00 EUR pro Monat und in seiner zweiten Aushilfsbeschäftigung ebenfalls 450,00 EUR im Monat. Des Weiteren übt dieser Arbeitnehmer nehmen den zwei Minijobs keine sozialversicherungspflichtige Hauptbeschäftigung aus.
Auch hier muss eine Zusammenrechnung erfolgen. Dies ergibt dann einen Gesamtverdienst von 900,00 EUR. Obwohl jede der beiden Beschäftigungen für sich genommen ein Minijob ist, darf hier keine der beiden Beschäftigungen als Minijob abgerechnet werden.
Durch die Zusammenrechnung und die damit einhergehende Überschreitung der Minijobgrenze von 450,00 EUR sind beide Beschäftigungen voll sozialversicherungspflichtig abzurechnen. Im Grundsatz muss hier also mit der Personengruppe 101 und der Beitragsgruppe 1111 abgerechnet werden.
Darüber hinaus muss er nun für eine der beiden Beschäftigungen eine individuelle Steuerklasse angeben. In dem anderen Beschäftigungsverhältnis bekommt er die Steuerklasse 6 zugeordnet, da aufgrund der Überschreitung der Minijobgrenze keine Pauschalierung der Lohnsteuer mehr möglich ist.
Denn Sie wissen ja: die individuelle Steuerklasse kann immer nur für ein Beschäftigungsverhältnis genutzt werden.
Nach demselben Schema wird verfahren, wenn drei, vier oder gar noch mehr geringfügige Beschäftigungen der beschriebenen Art nebeneinander bestehen.
Eine weitere Besonderheit gibt es, wenn mehrere geringfügige Beschäftigungen neben einer voll versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung bestehen.
Ein Arbeitnehmer übt eine voll versicherungspflichtige Hauptbeschäftigung aus. Sein Einkommen beträgt dort 2000,00 EUR brutto (Personengruppe 101, Beitragsgruppe 1111). Weiterhin übt er nebenbei zwei geringfügige Beschäftigungen aus.
Die erste dieser beiden Beschäftigungen hat er im Januar 2018 aufgenommen. Er verdient dort seitdem 220,00 EUR pro Monat.
Die zweite geringfügige Beschäftigung hat er im April 2018 aufgenommen. Hier verdient er 200,00 EUR im Monat.
Wie muss dieser Fall behandelt werden?
Zuerst einmal stellen wir fest, dass die beiden Aushilfsjobs zusammen ein Entgelt von 420,00 EUR pro Monat ergeben. Damit ist die Grenze für geringfügige Beschäftigungen eingehalten worden (maximal 450,00 EUR im Monat).
Da nun hier aber neben den beiden Minijobs noch eine Hauptbeschäftigung besteht, erlaubt der Gesetzgeber nicht, dass beide Minijobs für den Arbeitnehmer sozialversicherungsfrei bleiben.
Die zeitlich zuerst aufgenommene geringfügige Beschäftigung kann ganz normal als Minijob abgerechnet werden (Personengruppe 109, Beitragsgruppe 6500 oder 6100). Dies betrifft die im Januar aufgenommene Beschäftigung mit einem Verdienst von 220,00 EUR.
Die zweite (und auch jede weitere) geringfügige Beschäftigung muss jedoch mit der Hauptbeschäftigung zusammengerechnet werden.
Somit ist im Beispiel die zweite geringfügige Beschäftigung, in der der Arbeitnehmer 200,00 EUR im Monat verdient, grundsätzlich mit Personengruppe 101, sozialversicherungspflichtig abzurechnen.
Einzige Ausnahme:
Hinsichtlich der Arbeitslosenversicherung bleibt die Beschäftigung sozialversicherungsfrei. Somit ist sie mit dem Beitragsschlüssel 1101 abzurechnen (3. Stelle = Arbeitslosenversicherung).
Die Beschäftigung muss nach Ihrem derzeitigen Wissensstand außerdem mit Steuerklasse 6 abgerechnet werden, da eine 2-%-Pauschalversteuerung aufgrund der notwendigen Zusammenrechnung nicht möglich ist und die individuelle Steuerklasse schon für die Hauptbeschäftigung verwendet wird.
Das bedeutet also im Klartext:
Die zeitlich zuerst aufgenommene, geringfügige Beschäftigung (220,00 EUR im Monat) wird mit Personengruppe 109 und Beitragsgruppe 6500 oder 6100 abgerechnet. Sie bleibt für den Arbeitnehmer sozialversicherungsfrei (er zahlt höchstens den Eigenanteil von 3,6 % zur Rentenversicherung, außer er verzichtet darauf).
Die andere geringfügige Beschäftigung (200,00 EUR pro Monat) wird grundsätzlich mit Personengruppe 101 und Beitragsgruppe 1101 abgerechnet. Arbeitnehmer und Arbeitgeber teilen sich hier die üblichen Beiträge. Nur hinsichtlich der Arbeitslosenversicherung bleiben sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber sozialversicherungsfrei.